Ersteindruck – »Mirai« ist ein generationsübergreifendes Erlebnis (MCC 2019)

Warum immer auf eine Review nach Abschluss der Serie warten, wenn man sich schon nach der ersten Episode beziehungsweise dem ersten Band einen Eindruck bilden kann? Da setzt Ersteindruck an und gibt schon einmal einen Ausblick darauf, ob es sich lohnt, dem Anime oder Manga eine Chance zu geben oder nicht.

Mirai
Titel: Mirai
Genre: Abenteuer, Alltagsleben
Studio: Chizu
Release: 2018
Länge: 1h 38min
Publisher: Kazé Anime
Erhältlich? ab 28. Mai im Kino

Beim Filmfest Hamburg Ende September 2018 noch im Originalton Deutschlandpremiere gefeiert und als Nominierter in der Kategorie »Bester Animationsfilm« schnell noch Ende Februar 2019 zu den Oscars stand nun am 21. März, einem Donnerstag, kurz vor dem regulären Kinostart am 28. Mai die deutsche Synchronpremiere als Nebenevent der Leipziger Buchmesse auf dem Plan. Um zu sehen, wie das Fazit zu »Mirai« neben einer Reihe an Filmen wie »Das Mädchen, das durch die Zeit sprang«, »Summer Wars« und »Der Junge & das Biest« von Studio Chizu und dessen Co-Gründer und Regisseur Mamoru Hosoda ausfällt, haben wir Dimbula mit Popkorn, Stift und Papier in die Vorstellung geschickt.

(Zusammenfassung)

Die Geburt seiner kleinen Schwester Mirai ist für den vierjährigen Kun ein großes Unglück. Plötzlich hören Mama und Papa ihm nicht mehr zu und ständig schimpfen sie mit ihm. Schuld daran ist nur dieses blöde Baby! Doch als auf einmal eine Teenagerin im Garten steht und sich als seine kleine Schwester Mirai aus der Zukunft vorstellt, lernt Kun nicht nur sein neues Geschwisterchen besser kennen, sondern auch etwas sehr Wichtiges über sich selbst.

Kazé Anime

Plus Gut: Da bewegt sich was!

Mirai - Frame 1»Mirai« war nicht das einzige, imposante Filmprojekt, das 2017/2018 nach dem Erfolg von »Your Name« in der Post-Ghibli-Ära in die Produktion ging. Einige besonders talentierte Animatoren verlor das Projekt schon an Mari Okadas »Maquia« und Animefilme wie »Okku’s Inn« guckten teilweise völlig in die Röhre. Dabei wirkt »Mirai« auf dem Papier nicht sonderlich anspruchsvoll: Überwiegend in einer verwinkelten Architektenwohnung in Yokohama spielend, wo man schon bald jeden Winkel auswendig kennt, wirkt der Shot aus der Vogelperspektive mit sich bewegenden, ameisengroßen Autos schon eindrucksvoll. Dann aber taucht wieder und wieder dieser eine Panning-Shot zur Seite auf, der den Innenhof der Ootas in eine magische Welt à la Kingdom Hearts verwandelt. Das ist nichts Neues, nutzten doch schon verschiedenste Ghibli-Filme wie »Chihiros Reise ins Zauberland« diesen Kniff. Wenn Kun jedoch plötzlich an einem fiktiven Tokioter Bahnhof in den Menschenmassen seine Eltern sucht, am Info-Stand auf einen Beamten im Look einer Figur aus der Katamari-Spielreihe trifft und zu einem dunklen Bahnsteig teleportiert nicht von dem rot leuchtenden, schwarzen Shinkansen mit Fangzähnen für verloren gegangene Kinder eingesaugt werden will, muss man dem Film doch einiges an Anerkennung zollen.

Mixed Durchwachsen: Macht nicht so ein Gesicht!

Mirai - Frame 2Mein erster Gedanke: Ist das Familie Nohara aus Shin-chan? Klar, Kun ist mit seinen vier Jahren ein ganz schöner Rotzlöffel, wenn er die verwinkelte Architektenwohnung mit Schienen und Zugmaschinen des Typs E231 der Yamanote-Linie überzieht, aber so faustdick hat er es dann doch nicht hinter den Ohren. Aber der Gedanke ist tatsächlich gar nicht so abwegig: Shin-Ei Animations wurde wie viele Animationsstudios Ende des 20. Jahrhunderts von ehemaligen Mitarbeitern des  Platzhirschs Toei Animation gegründet, wo Mamoru Hosoda 1999 Regie für die ersten beiden Digimon-Kurzfilme führte. Kreidebleiche Gesichter sind in »Mirai« also genauso keine hohlen Floskeln und Grimassen wie Eltern sie vor ihren Babys ziehen auch außerhalb davon Normalität. 

Mixed Durchwachsen: Bloß pädagogisch wertvoll?

Mirai - Frame 3Überzeichnete, kreidebleiche Gesichter sind allerdings auch nötig, denn »Mirai« kommt größtenteils ohne dramatische Storytelling-Elemente daher. Es sind eben die typischen Probleme eines Vierjährigen, auf die Kun episodisch aufbereitet in seiner Gedankenwelt Antworten sucht. Lieben mich meine Eltern nicht mehr? Warum verbietet mir Mama alles? Warum können die anderen alle schon Fahrradfahren? Warum kann ich nicht die gelbe Hose anziehen? Seine Lehrmeister sind in diesem Fall die jugendliche Mirai sowie ein schöner Mann, der sich als ihr Hund Yukko herausstellt, seine zickige Mama, als sie in seinem Alter war und unbedingt eine Katze haben wollte, sein Uropa als junger Hüpfer, der auf Pferd und Motorrad mit Kun die Nachkriegsküste entlangbraust, und eine jugendliche Version von Kun im Emo-Araragi-Look an einem Bahnsteig mitten im Nirgendwo. Das ist gewissermaßen schade, da die Mirai aus der Zukunft ein aus dem Stehgreif sympathischer Charakter ist, dessen Entwicklung der Film für seinen ganzheitlichen, pädagogischen Ansatz quer durch alle Generationen opfert.

Fazit:

Hatte ich meinen Spaß mit »Mirai«? Definitiv. Würde ich ihn mir noch mal anschauen? Nein. »Mirai« zeigt uns die Hürden auf, die wir unabhängig von Alter und Herkunft schon in frühen Jahren genommen haben. Das ist nahbar! Mehr noch: Es verarbeitet Probleme mit der Rolle des Elternseins und romantisiert die Erlebnisse der Großeltern-Generation optisch ansprechend präsentiert. Mir will jedoch der Gedanke nicht aus dem Kopf gehen, was aus dem Film geworden wäre, hätte man der Mirai aus der Zukunft die Bühne überlassen~

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