Ersteindruck – »Sensor« – Von Kults, goldenen Haaren und Omniszienz (Einzelband)

Warum immer auf eine Review nach Abschluss der Serie warten, wenn man sich schon nach der ersten Episode beziehungsweise dem ersten Band einen Eindruck bilden kann? Da setzt Ersteindruck an und gibt schon einmal einen Ausblick darauf, ob es sich lohnt, dem Anime oder Manga eine Chance zu geben, oder nicht.

Look Back - Band 1
Titel: Sensor
Genre: Horror
Mangaka: Junji Itō
Start: 10. August 2018 (Japan)
25. Oktober 2022 (Deutschland)
Bände: in einem Band abgeschlossen
Verlag: Carlsen Manga
Preis: 18,00 € pro Band

(Basis für diesen Ersteindruck ist der Einzelband.)

Junji Itō ist einer der wohl bekanntesten Horror-Mangaka. Seine Darstellungen von kosmischem Horror sind einzigartig und prägen das Genre mit. Seit ein paar Jahren bringt uns Carlsen Manga seine Werke nun in schicken Hardcover-Editionen mit passend ominösen Covern. Ob »Sensor« dieser Hülle auch gerecht wird, erfahrt ihr hier.

(Zusammenfassung)

Seit der christliche Missionar Miguel in der Edo-Ära vom Shogunat zum Tode durch einen Stoß in den Krater des Mount Sengoku verurteilt wurde, speit der Vulkan dünne Fäden vulkanischen Glases. Von den heutigen Bewohnern als »göttliches Amagami« verehrt, bedeckt das »goldene Himmelshaar« das gesamte Dorf. Alle scheinen glücklich und zufrieden − dennoch soll die junge Kyoko weitere Seligkeit bringen beim Blick in den nächtlichen Himmel voller güldener Fäden und einem Erlöser, der nicht der erwartete ist … Und das ist nur der Auftakt einer Mystery-Grusel-Story um die Existenz des Lebens im Universum aus der Feder des Horrormanga-Meisters Junji Itō.

Carlsen Manga

 

Plus Faszinierende Prämisse in hinreißender Kulisse

Look Back- Scan 1SENSOR © 2019 by JI Inc. / Asahi Shimbun Publications Inc.

Die zusammenhängende Geschichte von »Sensor« wird in sieben Kapiteln erzählt, die unabhängig voneinander funktionieren. Jedes Einzelne davon hat ein anderes Thema und steht mal mehr und mal weniger mit der übergreifenden Geschichte in Verbindung. Dabei entsteht eine gute Mischung aus verschiedenen Horrorszenarien. Von der direkten Bedrohung, die von einer Entführung durch einen Kult im Wald ausgelöst wird, über den Ekel vor scheinbar lebensmüden Käfern bis hin zur diffusen Angst, die entsteht, wenn man sich ständig von Spiegeln beobachtet fühlt.

Die Ereignisse ergeben im Verlauf der Geschichte ein Gesamtbild, das sich mit Allwissenheit und dem Streben danach auseinandersetzt. Wie die Goldenen Haare und ein Missionar, der in der Edo-Zeit hingerichtet wurde, sich in die seltsamen Vorkommnisse einflechten, hält die Spannung hoch und motiviert zum Mitdenken. Besonders wenn man die seltsamen Zyklen der Zeit um den Sengoku-Vulkan durchschauen möchte.

So abwechslungsreich wie die Themen sind auch die Kulissen. Der Journalist Aizawa, der für den Großteil der Geschichte unser Point-of-View-Charakter ist, kommt auf der Suche nach Informationen durch unter anderem urbane Umgebungen, Küstenlandschaften und ländliche Dörfer. Diese häufigen Tapetenwechsel gestaltet die ohnehin schon kurzweilige Erzählung noch vielseitiger. Die zusammenhängende Geschichte von »Sensor« wird in sieben Kapiteln erzählt, die unabhängig voneinander funktionieren. Jedes Einzelne davon spricht über ein anderes Konzept und steht mal mehr und mal weniger mit der übergreifenden Geschichte in Verbindung. Dabei entsteht eine gute Mischung aus verschiedenen Horrorszenarien. Von der direkten Bedrohung, die von einer Entführung durch einen Kult im Wald ausgelöst wird, über den Ekel vor scheinbar lebensmüden Käfern bis hin zur diffusen Angst, die entsteht, wenn man sich ständig von Spiegeln beobachtet fühlt.
Die Ereignisse ergeben im Verlauf der Geschichte ein Gesamtbild, das sich mit Allwissenheit und dem Streben danach auseinandersetzt. Wie die Goldenen Haare und der Missionar in der Edo-Zeit sich in die seltsamen Vorkommnisse einflechten, hält die Spannung hoch und motiviert zum Mitdenken. Besonders wenn man die seltsame Zyklischkeit der Zeit um den Sengoku-Vulkan durchschauen möchte.
So abwechslungsreich wie die Themen sind auch die Kulissen. Der Journalist Aizawa, der für den Großteil der Geschichte unser Point-of-View-Charakter ist, kommt auf der Suche nach Informationen durch unter anderem urbane Umgebungen, Küstenlandschaften und ländliche Dörfer. Diese häufigen Tapetenwechsel gestaltet die ohnehin schon kurzweilige Erzählung noch vielseitiger.

 

Plus Unpassende Figuren

Look Back- Scan 2SENSOR © 2019 by JI Inc. / Asahi Shimbun Publications Inc.

Leider tragen die Hauptfiguren die Handlung nicht. Die Nebencharaktere und die Welt sowie die einzigartigen Prämissen übernehmen zwar diesen Teil, allerdings drängt sich gerade in Bezug auf den Journalisten Aizawa die Frage auf, warum gerade er so eine große Rolle spielt. Wir begleiten ihn zwar die meiste Zeit über und wechseln gelegentlich zu Kyoko, die zugegeben mehr im Fokus steht, aber aus anderen Gründen nicht zur Hauptfigur taugt.
Aber mal langsam: Aizawa reist nach den Ereignissen des ersten Kapitels zum Handlungsort, weil er den nächsten Knüller erwartet. Anders als Kyoko hat er eigentlich nichts damit zu tun, was geschieht. So wirkt er oft fehl am Platz, wie ein unbeteiligter Beobachter eben. Er wird auch selten aktiv, außer wenn er zu den Orten geht, die er im Traum sieht und an denen wichtige Zusammenhänge enthüllt werden. Durch seine Distanz zu den Geschehnissen baut man keine Bindung zu ihm auf und interessiert sich wenig für sein Schicksal, was einiges an Spannung herausnimmt. Man hätte ihn auch streichen können und die Geschehnisse ohne einen personifizierten Erzähler auf die Seiten des Mangas bringen können.
Wie eingangs erwähnt, wäre Kyoko, um die sich die Handlung hauptsächlich dreht, aber genauso ungeeignet gewesen. Das merkt man immer dann, wenn die Handlung sie als Figur und nicht als Konzept behandelt. Sie ist eine stille und zurückhaltende Person, die selten (wenn überhaupt) mit anderen Charakteren oder der Welt interagiert. Außerdem erhält sie schon nach dem ersten Kapitel durch einen Zwischenfall mit den goldenen Haaren vollumfängliches Wissen. Dadurch wirkt ihr Handeln oft erst mal seltsam, stellt sich aber als richtig heraus – zum Beispiel, als sie die Käferplage in Bishagaura beendet, indem sie von einer Klippe springt. Wenn man am Ende des Bandes zurückblickt, fühlt es sich sogar so an, als hätte sie seit dem Abschluss von Kapitel 1 gewusst, wie die Handlung ausgeht. Das leuchtet ein, da sie mehr weiß als der Leser, ist aber genau deswegen unbefriedigend. Kyoko schwebt förmlich über dem Geschehen und hat damit auch eine enorme Distanz zur Handlung, die sich eigentlich um sie herum ergibt.

 

Mixed Universum des Horrors

Look Back - Scan 3SENSOR © 2019 by JI Inc. / Asahi Shimbun Publications Inc.

Man täte fast jedem Werk von Junji Itō unrecht tun, würde man nicht über seine Illustrationen sprechen, die versuchen, das Unbegreifliche zu veranschaulichen. Das trifft auch auf »Sensor« zu. Zu meinen persönlichen Highlights gehört hier die dämonische Fratze, die sich im ersten Kapitel über die Leere des Universums legt und die Bewohner von Kiyokamimura verdammt, oder die schwere, dunkle Wolke, die sich wortwörtlich über die Kultisten legt. Es ist beeindruckend, wie die Bilder die Befremdlichkeit und die Bedrohung von nebulösen, übernatürlichen Phänomenen einfangen.
Ähnlich beeindruckend ist auch die Atmosphäre. Selbst wenn nichts Übernatürliches passiert, wird die Spannung gehalten. Im Verlauf der Geschichte werden die Figuren immer einsamer. Selbst die Stadt wirkt irgendwann menschenleer, als wären die Figuren von allen verlassen außer ihren Verfolgern. Wenn Antagonisten die Hauptcharaktere konfrontieren, egal ob die Widersacher übernatürlich oder menschlich sind, haben sie von der Anzahl her die Oberhand. Die anderen Mächte sind dazu nicht nur in der Regel größer dargestellt als die Protagonisten, sondern auch oft weiter oben im Panel angeordnet, was ihnen eine eindrucksvolle Gestalt verleiht und alles andere insignifikant wirken lässt.

 

Fazit:

Die Illustrationen von Junji Itō sind wie immer beeindruckend und es gibt genug Tiefe in der Erzählung von »Sensor«, um sich noch etwas länger mit ihr zu beschäftigen – vor allem zum Ende der Handlung, wenn alles noch einmal in einen anderen Kontext gebracht wird. Auf der anderen Seite fühlt sich einer der Protagonisten wie ein Unbeteiligter an, während die andere Hauptfigur über den Dingen zu schweben scheint.
Jemand, der Horror auf der konzeptionellen Ebene schätzt oder wahnsinnige, befremdliche Illustrationen mag, wird in diesem Manga auf jeden Fall einen guten Titel finden. Wer aber eine persönliche Geschichte oder tiefgreifende Charaktere sucht, wird hier eher enttäuscht.

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