Anime-Review: Made in Abyss – Gelingt das Adventure-Comeback?

Made in Abyss - Cover
Titel: Made in Abyss
Genre: Abenteuer
Studio: Kinema Citrus
Release: 2017
Episoden: 13 à 24 Episoden
Publisher: Universum
Preis: 49,06 € (BD)

Wenn Animefans weltweit an den vergangenen Sommer zurückdenken, fällt die Wahl schnell auf Made in Abyss – eine Anime-Serie, die mit seinem frischen Ansatz im angestaubten Adventure-Genre, seiner wunderschönen Abgrund-Kulisse, seinen putzigen Charakteren und der omnipräsenten Gefahr reichlich Inspiration für andere Projekte bot. Nur Deutschland blieb im Dunkeln.

Doch damit ist jetzt Schluss, denn wie Universum Anime im Februar ankündigte, bringt man nicht nur den Anime nach Deutschland, sondern auch einen Teil des Produktionsteams zur AnimagiC. Vier Monate vor dem Start der Serie machen wir deswegen nun den Anfang und haben uns den Smash-Hit des vergangenen Jahres genauer angesehen.

(Zusammenfassung)

Das riesige Höhlensystem Abyss ist der letzte unerforschte Ort der Welt. Ganze Generationen von mutigen Abenteurern, bekannt als Höhlentaucher, haben ihr Leben der Erkundung dieses mystischen und von gefährlichen Monstern bewohnten Systems verschrieben. In einer Stadt am Rande des Abyss lebt die junge Weise Riko, die davon träumt eine genauso berühmte Höhlentaucherin wie ihre Mutter zu werden. Auf einer kurzen Erkundungstour der höheren Ebene des Abyss trifft sie auf einen kleinen Jungen, der sich als Roboter entpuppt. Sie rettet ihn und gibt ihm den Namen Reg. Zusammen entscheiden sich die beiden, die Tiefen der Höhlen zu erkunden und nicht nur das Rätsel um Regs Ursprung, sondern auch um das Verschwinden von Ricos Mutter zu lüften.

Handlung

Made in Abyss ist einer dieser Adventure-Anime, von denen es noch in unserer Kindheit so viele gab, mit minimalistischer Prämisse, einer Erzählerstimme à la Pokémon und leicht episodischen Folgen, die immer einen Abschnitt der Reise zeigen, an der Riku und Reg Stück für Stück wie bei einer Prüfung wachsen. Dabei charakterisiert es seine Umwelt so gut, dass man das Gefühl bekommt, der Abyss selbst sei der wichtigste Charakter – egal, ob die Rangordnung unter den Abenteurern, den Fluch oder die Religion um den Abyss. Aber ausgerechnet neun trichterförmige Ebenen? Klar, Made in Abyss borgt sich Ideen bei Dantes Inferno – einem mittelalterlichen Werk der italienischen Literatur, das unser Bild von der Hölle als Reise zum Erdmittelpunkt als Buße schuf. Dabei wird selten Zeit verloren – schon in Folge 3 lassen die Kinder das Waisenhaus hinter sich – und auch sonst werden ganze Reiseabschnitte zusammengeschnitten und mit Musik unterlegt. Dann aber werden wenige Minuten Geschehen auf die ganze Folge gestreckt und ein Feindbild mit Episode 13 enthüllt, wodurch sich das Gesehene wie eine Pilotstaffel für etwas Größeres anfühlt. Das Ziel jedoch ist klar: Rikus Mutter erreichen, die am Boden des Abyss wartet, wo nur der Stärkste überlebt und Gefahren hinter jeder Ecke lauern. Außerdem wird Regs Vorgeschichte Stück für Stück enthüllt.

Charaktere

Im Zentrum der Geschichte stehen Riku, ein neugieriges, stures, überstürzendes Mädchen voller Energie, und Reg, ein Roboter, der Riku vor einem Purpur-Beißer mittels Laserstrahl rettete, eigentlich aber aus einer der unteren Ebenen stammt und seither an Amnesie leidet. Roboteruntypisch ist er auf der Suche nach sich selbst, wird sofort rot und verliert bei Gefahr schnell die Nerven – ganz im Gegensatz zu Riku. Sie ergänzen sich charakterlich und lernen im Verlauf ihrer Reise auf der Suche nach Rikus Mutter – der sagenumwobenen Lyza, die Reg zu kennen scheint –, sich auf den anderen zu verlassen. Auf ihrem Weg treffen sie allerlei Wegbegleiter, Gefährten und Mentoren. Eine davon ist Ozen, Lyzas Mentorin, hochgewachsen und durch ein Relikt extrem stark. Sie wirkt kaltherzig und sadistisch auf ihre Umwelt. Nanashi lernt das Duo kennen. Sie überlebte den Fluch, verwandelte sich allerdings in ein hasenähnliches Wesen. Ihre Mitmenschen hält sie auf Distanz, ist im Inneren aber selbstlos und eignete sich im Abyss umfangreiche Arzneikenntnisse an. Letztendlich ist Made in Abyss aber gerade dann am stärksten, wenn sich die Serie auf die Beziehung zwischen Riku und Reg konzentriert.

Animation

Die Wunder seiner Welt über die Animationen zum Ausdruck zu bringen, ist das A und O für Serien dieser Art, und mit Osamu Masuyama als künstlerischer Leiter saß jemand an dem Projekt, dessen Hintergründe bereits Chihiros Reise ins Zauberland und Your Name zierten. Kein Wunder, dass einem schon die malerische Szenerie der Stadt am Rande der Kluft den Atem nimmt. Jede tiefere Ebene – egal, ob grasüberwachsene Blumenwiesen, Klippenwände oder kopfstehende Wälder – fühlt sich dabei mit eigener Flora und Faune à la Videospiel nach einem ganz neuen Level an. Von süßen Nagetieren bis fliegenden Walfischschlangen wirken dessen Monsterdesigns zunächst nicht wie von dieser Welt. Die süßen Charakterdesigns bieten ein Kontrastprogramm zu dieser bedrohlichen Welt und deren großartig animierte Gesichtsmimik voller Schnodder, Schweiß, Blut und Tränen eine Lebendigkeit, die in der Qualität selten zu finden ist. Kniffe, wie Regs metallisches Äußeres mittels weißer, unregelmäßiger Umrandungen hervorzuheben, grenzen die Animationen zusätzlich zu aufwendigen Bildsequenzen und erklärenden Szenen im Stile alter Bücher, Puppentheater & Co von Titeln ähnlichem Genre ab.

Sound

Made in Abyss‘ Soundtrack selbst unternimmt im Verlauf des Anime eine Reise: Vom lebhaften Xylofonspiel und leisen, langsamen Geigen-Tracks, die den Forscherdrang und die weitläufigen Gegenden des Abyss unterstreichen, wechselt die Musik schnell zu keltischer Leier-Musik und dramatischem, schnellem Geigenspiel bei stromschlagähnlichen Klängen in besonders spannenden Situationen. Insertsong Hanezeve Caradhina allerdings setzt dem Ganzen die Krone auf, indem es einer nordisch angehauchten Fantasysprache den Moment musikalisch beschreibt, wenn man das erste Mal in den Abyss blickt, und stiehlt sogar Opening und Ending die Show. Keine Frage, die Breite an Instrumenten, aus denen Kevin Penkin schöpft, ist wirklich beeindruckend. Viel beeindruckender allerdings sind die Sounds des Geschehens selbst: Vom dumpfen Brüllen bis wuseligen Quieken fühlen sich die Geräusche der Abyssbewohner wirklich natürlich an. Hallgeräusche, Luftzüge und Regs ausfahrbarer Arm sowie sein Laserangriff genauso. Dies gipfelt in einer Szene, wo Regs qualvolle Schreie aus Trauer über Riku und die Schmerzschreie sowie Knochenbruchgeräusche des Mädchens schon beim Zusehen Schmerzgefühle bei mir auslösen – wirklich großartig, wie die Synchronsprecher in dieser Szene den Waisenkindern Leben einhauchen.

Fazit

Handlung: Charaktere: Animation: Sound: Gesamt:
9 / 10 8 / 10 10 / 10 9 / 10 92 / 100

Made in Abyss ist ein nahezu perfekter Anime, der seine Stärken voll auszuspielen weiß. Er ist diese Art minimalistischer Adventure-Anime mit leicht episodischen Folgen entlang einer Reise, den wir aus unserer Kindheit kennen, nur mit neuem Anstrich. Unser dynamisches Duo Riku und Reg harmonieren gut miteinander und auch die wunderschönen Hintergründe von Osamu Masuyama sowie die umfangreiche Gesichtsmimik schaffen es, dem Abyss mit rundum organisch wirkenden Geräuschen Leben einzuhauchen. Abgesehen von dem pilotstaffelartigen Charakter und Pacingschwächen ist Made in Abyss insgesamt einer der rundesten und schönsten Anime-Erfahrungen der letzten Jahre.

Plus Minus
  • selbstbewusste Abenteuergeschichte mit dynamischem Duo im Zentrum
  • malerische Landschaften & großartig animierte Gesichtsmimik
  • gravierende Unterschiede im Pacing von Folge zu Folge
  • pilotfolgenartiger Charakter der ersten Staffel als Auftakt für etwas Größeres

Ähnlich: From the New World (Anime) + Girls‘ Last Tour (Anime)

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