Anime-Review: Macross 7 – Der perfekte Einstieg ins »Macross«-Universum?

Macross 7 - Cover
Titel: Macross 7
Genre: Space-Opera, Mecha
Studio: Production Reed
Release: 1994
Episoden: 49 à 25 Minuten
Publisher:
Preis:

»Power to the music, power to the lovers« ist eine Zeile aus einer der vielen Songs von »Macross 7«, die das Franchise eigentlich ganz gut zusammenfasst. Inspiriert von Mangaka Leji Matsumotos Sci-Fi-Operas aus den 70ern wie »Space Battleship Yamamoto« oder »Captain Harlock« setzte die erste »Macross«-Serie 1982 noch einen musikalischen, wie auch romantischen Spin in Form von J-Pop-Idols und Liebesdreiecken auf die oftmals düsteren Zukunftsaussichten für die Menschheit. In Japan war »Macross« schnell ein Erfolg und reihte sich neben »Gundam« und dem Leji-Matsumoto-Universum zu den großen Sci-Fi-Adventure-Franchises ein. Doch »Macross« hat Japan nie so richtig verlassen können. Der Grund: Ein amerikanischer Verlag mit dem Namen Harmony Gold. Harmony Gold hält die Lizenz zu »Macross« seit Anfang der 80er und nutzte sie um gemeinsam mit zwei anderen Anime, »Super Dimension Cavalry Southern Cross« und »Genesis Climber Mospedea«, die Serie »Robotech« zu “schaffen“, indem man die drei Titel einfach irgendwie um eine eigenständige Geschichte herum schnitt. Erst auf der Anime Expo 2019 gaben sie bekannt, dass sie die Lizenz schon wieder verlängert haben, was bedeutet, dass auch in näherer Zukunft kein legaler Weg existieren wird, um »Macross« zu schauen. Dabei ist das echt schade, denn »Macross« hat einige ziemlich gute Serien im Portfolio – darunter auch »Macross 7«. Was also kann der längste Anime des Franchise so bieten?

(Zusammenfassung)

Wir schreiben das Jahr 2045. 35 Jahre sind vergangen, seitdem Lynn Minmay einen Kulturschock bei den Zentradi ausgelöst hat. Menschheit und Zentradi leben mittlerweile in Harmonie. Doch ein neuer, mysteriöser Feind bedroht die siebte Macross-Flotte. Menschen, die ihren Angriffen zum Opfer fallen, verlieren das Bewusstsein. Die Angriffe sind nicht aufs Töten aus, zufällig sind sie auch nicht. Was will dieser neue Feind?

Nikki Basara und seine Band Fire Bomber versuchen das herauszufinden. Immer wenn der Alarm schallt, steigt Basara in seinen Mech und fliegt ins Schlachtfeld, wo er beginnt zu singen. Seine Motivation erscheint dabei genauso rätselhaft. Glaubt er, er könnte Lynn Minmay nachahmen?

eigene Beschreibung

Handlung

Von allen Serien im »Macross«-Universum ist »Macross 7« die Serie, die am meisten mit dem ersten Anime zu tun hat. Die Eltern der weiblichen Hauptfigur Mylene sind zwei wichtige Nebenfiguren aus der ersten Serie, Maximilian und Milia. Dazu wird Basaras Verhalten, der versucht die neuen Feinde mit Musik zu besänftigen, in der Serie oft mit den Heldentat von Lynn Minmay verglichen, der Protagonistin des ersten Anime. Es gibt sogar ein paar Episoden, in denen Basara und Mylene als Schauspieler Hikaru und Minmay in einer TV-Serie verkörpern. Allerdings muss man die erste Serie nicht zwangsweise gesehen haben. Das habe ich auch nicht. Für komplette Neueinsteiger hat »Macross 7« viele Expositionen, die wichtige Plotelemente aus »Macross« erklären. Es ist deutlich, dass man nach dem Flop, der »Macross II« war, die Zuschauer wieder mit Fanservice abholen wollte. Persönlich finde ich das aber gar nicht so schlimm. Die späteren Titel im Franchise versuchen viel mehr, ihr eigenes Ding zu machen, deshalb finde ich das bisschen Kontinuität auch mal ganz nett.

Ich muss jedoch sagen, dass die eigentliche Handlung gar nicht mal so interessant ist. Sie ist unfassbar langsam erzählt. »Macross 7« versucht ein riesiges Mysterium aus den Bösewichten zu machen und liefert dafür je Episode so gut wie nie neue Infos über sie. Die ersten drei Viertel der Serie sind viel eher episodische Slice-of-Life-Geschichten, wobei jede Folge irgendwie mit einem Kampf enden muss, auch wenn der dadurch absolut unnatürlich in die Handlung mit eingewoben wird. Erst das letzte Viertel liefert einen roten Faden, bei dem es nahezu ausschließlich um den Krieg gegen den neuen Feind geht. Die Sache ist die: Ich mochte das letzte Viertel am wenigsten. Die Haupthandlung, also der Krieg, war für mich von Anfang an der langweiligste Aspekt der Serie. Selbst im Jahr 1994 dürfte diese Geschichte kaum originell gewesen sein und besonders spannend ist sie auch nicht erzählt. Wer quält sich denn ernsthaft durch 36 heitere Slice-of-Life-Episoden, weil man eine epische Sci-Fi-Schlacht am Ende bekommt? Ich weiß, dass dieser Kavaliersfehler nichts Neues ist, aber in »Macross 7« fällt der Clash zwischen den lustigen Einzelgeschichten und der ernsten Anti-Kriegsgeschichte besonders auf.

Zeitgleich muss ich gestehen, dass ich bestimmte Details der Anti-Kriegsgeschichte gar nicht so schlecht finde. Vor allem Basara kritisiert immer wieder, dass den Anführern der Flotte nichts Besseres einfällt, als auf den Feind zu schießen, anstatt deren Beweggründe zu verstehen und sich ernsthaft mit ihnen auseinanderzusetzen. Die Waffen, die sie gegen den neuen Feind einsetzen, heißen sogar »Reaction Weapons«, um weiter zu verdeutlichen, wie Schießen das instinktive Verhalten des Militärs ist. Nur ist hier das Problem, dass es dir immer wieder reingehämmert wird, bis auch der dümmste Zuschauer die Message verstanden hat. Das kommt vor allem dadurch, dass die wenigen Minuten, die eine einzelne Episode mit der Haupthandlung verbringt, stellenweise enorm repetitiv sind. Basaras Kritik hört man mehrere Episoden hintereinander immer wieder, in den sich immer gleich abspielenden Raumschiff-Luftkämpfen. Ein Teufelskreis.

Charaktere

Da der größte Teil der Serie episodische Quatschgeschichten sind, braucht es auch Figuren, die man durch diese begleiten möchte. Das ist, wo »Macross 7« für mich punktet. Zwar sind alle Figuren, inklusive unserem Hauptfigur-Dreiergespann aus Mylene, Basara und dem Soldaten Gamlin, flache Pappaufsteller, die so gut wie keine Entwicklung in den 49 Episoden durchmachen, doch funktionieren die Beziehungen zwischen ihnen hervorragend. Besonders die Dialoge zwischen Basara und Gamlin sind äußerst unterhaltsam, da die beiden nicht unterschiedlicher sein könnten. Basara ist ein entspannter Lebemann, der macht, was er will, indes ist Gamlin ein strikter Soldat, der nicht in seinen abgefahrensten Träumen an Befehlsverweigerung denken könnte. Auch ihre Beziehung zu Mylene unterscheidet sich deutlich. Während Mylene ständig Streit mit Basara anfängt, da beide ziemliche Dickköpfe sind, versucht Gamlin sie zu verführen, was aufgrund seiner peinlichen Unerfahrenheit für mich mit zu den witzigsten Teilen der Serie gehört.

Dadurch macht sich aber ein weiteres Problem bemerkbar. »Macross« setzt in jedem Teil auf ein zentrales Liebesdreieck – es ist ein wichtiger Teil der Identität des Franchises. Doch zwischen Basara und Mylene funkte es nie so wirklich. Aufgrund der Streits wirkt es nie so, als hätte Mylene groß romantische Gefühle für Basara. Mit Gamlin hingegen geht sie auf Dates, beide respektieren sich und führen fast schon eine richtige romantische Beziehung in der zweiten Hälfte der Serie. Als Mylene kurz vor dem Finale Gamlin gegenüber anvertraut, dass sie sich nicht sicher ist, ob sie mit ihm ausgehen will, weil sie für Basara die gleichen Gefühle empfindet, war ich legitim überrascht. Wahrscheinlich sollte man die Streits als eine Art “necken” verstehen, was gerade in 80er und 90er Filmen ein weitverbreitetes Trope in Romanzen war. Wenn man sich so viel streitet wie die beiden, ist die Beziehung aber wahrscheinlich gar nicht mal so gesund.

Ein weiteres Problem bei den Figuren sind die Bösewichte. Anders als im originalen »Macross« haben die Feinde hier eine Persönlichkeit. Sie sind keine reinen Kriegsmaschinen. Doch so wirklich viel merkt man davon letzten Endes auch nicht. Der Obermacker der Bösen, Lord Gepelnitch, macht auch nicht viel mehr, als seinen Volksleuten Befehle geben. Dabei wird er zwar immer so inszeniert, als hätte er einen großen Plan. Wenn dieser aber zum 40. Mal schiefgeht und Gepelnitch dann immer noch lacht und so tut, als gehöre das zu seinem Plan, frage ich mich, wo der Witz ist. So bekommen die Bösen einiges an Screentime und Dialoge, aber das meiste davon könnte man problemlos aus dem Anime nehmen und es würde nichts verändern. Der Einzige der Aliens, der einen interessanten Auftritt spendiert bekommt, ist Gigile. Er verrät später Gepelnitch und geht seinen eigenen Weg, wobei er ähnliche Motivationen wie Basara verfolgt, aber weder klar gut noch böse ist. Das ist ein relativ oft gesehenes Trope, aber irgendwie mag ich es immer wieder gerne.

Animation

»Macross 7« und »Macross Plus« erschienen beide im selben Jahr und deutlicher könnte der Kontrast zwischen einer OVA-Produktionen wie Plus und einer TV-Produktion wie 7 kaum sein. »Macross Plus« ist einer der schönsten Anime, die ich je gesehen habe – weit vor »Sound! Euphonium« löste dieser Titel damals schon Diskussionen um das Thema Overanimating aus, da teilweise so viel auf dem Screen passierte, dass man kaum noch folgen konnte.

»Macross 7« hingegen? Um es mit Zukos Worten zu sagen: »That’s rough, buddy«. Die Serie arbeitet in den Slice-of-Life-Abschnitten die meiste Zeit mit Animationen auf jedem dritten, gelegentlich jedem vierten Frame, was oftmals steif und unnatürlich wirkt. So richtiges Character-Acting, abseits von dem, was für die Handlung absolut notwendig ist, gibt es nicht. Die Luftkämpfe haben wesentlich flüssigere Animationen, recyclen dafür aber an jeder Ecke. Manche Teilstücke wird man gegen Ende der Serie oft genug gesehen haben. Krasse Sakuga-Momente sind nur für Highlights in der Story reserviert wie zum Beispiel den Angriff auf den Heimatplaneten der Protodevilns.

Was mich auf visueller Ebene am meisten überzeugt, sind die Charakterdesigns. Wer sich schon bei Wit Studios Steampunk-Anime »Kabaneri of the Iron Fortress« gewundert hat, dass die Designs so klassisch und oldschool wirken: Das war Haruhiko Mikimoto. Neben den älteren Einträgen im »Macross«-Franchise entwarf er auch für »Mobile Suit Gundam: War in the Pocket« oder Gainax’ Klassiker »Gunbuster« die Designs. In »Macross 7« verpasste er den Figuren einen moderneren und vor allem punkigen Look, da die Serie nun mal dem Rock ’n‘ Roll näher ist als dem J-Pop des Originals. Gerade Basaras Silhouette dürfte so ziemlich einzigartig sein. Mein persönliches Highlight unter den Designs war aber Mylene. Von einem hippen Look mit Basecap und zerrissenen Jeans hin zu einem klassischen Yutaka: Sie trägt in jeder Episode ein neues Outfit. Da ist wirklich für jeden etwas dabei.

Sound

Macross ist ein Anime über Musik. Wäre also ziemlich doof, wenn die schlecht wäre, oder? Am ehesten ist »Macross« dabei für idoligen J-Pop bekannt, »Macross 7« schlug mit Rock ’n‘ Roll aber seine ganz eigene musikalische Richtung ein. Als Fan von Titeln wie »FLCL« oder »Legend of Black Heaven« begrüße ich diesen Kurswechsel natürlich, gerade auch weil das im gleichen Jahr erschienene »Macross Plus« mir bereits bewies, dass Abwechslung dem »Macross«-Franchise eigentlich ganz gut tut. Das Komponieren der Songs wurde dabei von unterschiedlichsten Musikern übernommen. Die meisten Songs stammen von Yoshiki Fukuyama, die Gesangsstimme von Basara, der auch für das Opening von »Busou Renkin« und das Ending von »Kamen no Maid Guy« bekannt ist. Zeitgleich tobten sich auch andere bekannte Talente aus wie Yoko Kanno, Komponistin der Soundtracks zu »Cowboy Bebop« und »Terror in Tokio«, und Shiro Sagisu, Komponist der Soundtracks zu »Evangelion« und »SSSS.Gridman«. Zwar gilt das Sprichwort, viele Köche verderben den Brei, bei »Macross 7« aber orientieren sich alle Komponisten an zwei klaren Musikrichtungen. Zum einen die Fire-Bomber-Songs mit Basara als Lead-Sänger mit Liedern wie »Holy Lonely Night« oder »Planet Dance«, die unverkennbar den J-Rock der 90er Jahre nachahmen, und zum anderen die experimentelle, ruhige Richtung, die Mylenes Solo-Songs einschlagen. »Sweet Fantasy« und »Pillow Dream« gehören definitiv zu den einzigartigsten Songs und landen im Gegensatz zu den völlig abgedrehten Liedern des »Macross Plus«-Soundtracks, aber auch gerne auf meiner Playlist.

Fazit

Handlung: Charaktere: Animation: Sound: Gesamt:
4 / 10 7 / 10 6 / 10 8 / 10 65 / 100

»Macross 7« hat einige Höhen wie auch Tiefen. Nicht jede Episode ist unbedingt unterhaltsam und das Finale der TV-Serie war leider so gar nicht nach meinem Geschmack. Doch insgesamt habe ich viel gelacht und denke mit eher positiven Gefühlen an die Serie und einzelne Momente aus ihr zurück. Gerade das Trio unserer Hauptfiguren und deren herrlich amüsant bescheuerte Beziehungen wissen über vieles hinwegzutrösten und wem es nach 90er-Jahre-J-Rock lüstet, der dürfte besonders auf akustischer Ebene gut unterhalten werden.

Plus Minus
  • Figuren, die die episodischen Quatschgeschichten tragen können
  • moderne, punkige Charakterdesigns
  • viele talentierte Musiker zweier klarer Musikrichtungen
  • repetitive Anti-Kriegsmessage
  • eindimensionale Bösewichte
  • steife, unnatürlich wirkende Animationen

Bonus: Macross Dynamite 7 – das kurze Sequel

»Macross 7« war ein voller Erfolg, daher folgten auch ein paar OVAs, ein Film sowie diese kleine Fortsetzung mit nur vier Episoden. Ein Jahr nach den Geschehnissen der TV-Serie hat sich Basara wieder aus dem Staub gemacht und genießt seine Alone-Time auf dem Planeten Zola, den wir in der Serie zuvor noch nicht sahen. Dort befindet sich ein kleines Dorf, in dem der Weltraumwaljäger Graham und seine Tochter Elma leben. Grahams Geschichte ist dabei eine große Referenz auf Moby Dick. Er jagt den großen, weißen Weltraumwal, der zuvor seiner Frau das Leben nahm. Elma hat jedoch Angst um ihren Vater und überredet Basara, ihn aufzuhalten, und wie er nun mal so ist, versucht er die Wale mit Musik zu besänftigen. 

Schnell fällt auf, dass der Ton von Dynamite anders ist. Die OVA ist ruhiger und etwas erwachsener. Die ganze Angelegenheit, so verrückt wie die Jagd nach einem Weltraumwal auch klingt, wird komplett ernst genommen und könnte das Leben mehrerer wichtiger Nebenfiguren kosten. Vor allem aber sieht die OVA viel besser aus. Mehr Filmgrain – gut, das ist Geschmackssache – und vor allem dunklere Farben überziehen das Bild, begleitet von durchgehend flüssigeren Animationen. Das neue Opening »Dynamite Explosion« stößt noch viel tiefer in die Punkrockszene als alles andere in »Macross 7«. Da es in dieser Fortsetzung keinen klaren Bösewicht gibt, sondern schlichtweg Leute, die alle verschiedene Ansichten haben, wie man mit den Weltraumwalen umgehen sollte, ist die Angelegenheit weitaus moralisch komplexer und persönlicher für die Figuren. Insgesamt fand ich »Macross Dynamite 7« großartig, sogar besser als die TV-Serie stellenweise. Vor allem das extrem gute Finale hatte mich tief in seinen Bann gezogen. Nur ein unnötiger »Ich steh doch nicht etwa auf Männer?«-Subplot verschlechtert das allgemein gute Bild, das ich von dieser OVA hatte, für mich leider um einiges. Von allen Titeln rund um »Macross 7« lohnt sich diese kleine Fortsetzung trotzdem am meisten.

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